Dr. Karsten Schubert

Seit Dezember 2022 bin ich assoziierter Forscher am Lehrbereich Politische Theorie der Humboldt-Universität zu Berlin. Zuvor war ich wissenschaftlicher Mitarbeiter/geschäftsführender Assistent am Seminar für Wissenschaftliche Politik, Professur für Politische Theorie, Philosophie und Ideengeschichte an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Währenddessen hatte ich Fellowhips am Freiburg Institute of Advanced Studies, am Weizenbaum Institut Berlin und am Zentrum für interdisziplinäre Forschung in Bielefeld. Seit 2018 bin ich darüber hinaus Fellow am Centre Marc Boch Berlin. Mein vollständiger akademischer Lebenslauf findet sich hier.

Den besten Eindruck meiner aktuellen Aktivitäten gibt mein Newsfeed. Und die aktuellsten Infos gibt es auf Mastodon und Twitter, denn nicht immer schaffe ich es, alle Veranstaltungen und Publikationen zeitnah auf der Website zu veröffentlichen.

Forschungsgebiete

  1. Zeitgenössische kritische politische Theorie (an der Schnittstelle von französischem Denken, Kritischer Theorie und politischer Liberalismus, insbesondere radikale Demokratietheorien)
  2. Zeitgenössische sozialkritische Ethik (insbesondere intersektionale Theorie sowie Debatten um Identitätspolitik, ‘Cancel Culture’, ‘Political Corretness’ und Wissenschaftsfreiheit)
  3. Queere, schwule und feministische Theorie
  4. Michel Foucault (insbesondere seine politische Philosophie und Biopolitik)
  5. Kritische Rechtstheorie, Menschenrechte, globale Demokratisierung

Aktuelle Forschung: Radikaldemokratische Theorie der Identitätspolitik

In meiner aktuellen Forschung entwickle ich eine radikaldemokratische Theorie der Identitätspolitik. Die Grundthese ist, dass Identitätspolitik notwendig für die Demokratisierung der Demokratie ist. Dies liegt daran, dass Exklusion und Diskriminierung innerhalb aktueller demokratischer Institutionen auch ein Problem der politischen Epistemologie sind, das heißt, sie hängen mit den Möglichkeiten und Blockaden von politisch relevantem Wissen zusammen. Für die Perspektive der Mehrheitsgesellschaft ist es schwer, strukturelle Diskriminierungen zu verstehen und angemessen zu thematisieren, insbesondere weil sich diese Mehrheitsperspektive oft so versteht, als würde sie eine universelle Auffassung formulieren, bei der die soziale Position gar keine Rolle spiele. Leichter fällt diese Thematisierung vom partikularen Standpunkt der von Diskriminierungen Betroffenen. Das disruptive Durchbrechen etablierter Verständnisse des Universellen durch partikulare Identitätspolitik ist deshalb zentral für die weitere Demokratisierung der Demokratie.

Ich entwickle die radikaldemokratische Theorie der Identitätspolitik in drei Teilprojekten:

  1. Analyse der Abwehr von Demokratisierung durch die konservativen Kampfbegegriffe ‘political correctness’ und ‘cancel culture’
  2. Entwicklung einer konstruktivistischen Konzeption von Identitätspolitik als aktive Herstellung von partikularen Standpunkten (mit Berücksichtigung von digitaler Kommunikation und dem Problem potentiell verzerrter Repräsentation durch elite capture)
  3. Untersuchung des Verhältnisses von Partikularität/Universalität bzw. Macht/Vernunft bei identitätspolitischer Demokratisierung (erste Kurzveröffentlichungen)

Ich setze die Arbeit an den drei Teilprojekten mit einem Fokus auf die Rolle von Identitätspolitik beim Etablieren eines kritischen Verständnisses von Wissenschaftsfreiheit fort. Darüber hinaus arbeite ich an einem Sachbuch mit dem Arbeitstitel “Identitätspolitik und Demokratie”, in dem ich diese Forschung einem breiteren Publikum präsentiere.

Abgeschlossene Projekte

Queere und schwule Theorie

In meiner Forschung auf dem Gebiet der queeren und schwulen Theorie habe ich mich mit den Auswirkungen der AIDS-Krise auf schwule Subjektivität und Politik auseinandergesetzt und untersucht, wie HIV-Prä-Expositionsprophylaxe (PrEP) dazu beitragen kann, Homonormativität zu überwinden und neue queere Solidarität zu ermöglichen. Diese Forschung zeigt einerseits neue Verbindungen zwischen Medizintechnologie, Politik und Subjektivität auf, andererseits entwickelt sie Foucault’sche Theoreme kritisch weiter. So habe ich einen neuen Begriff von “demokratischer Biopolitik” im Gegensatz zur repressiven Biopolitik entwickelt, der auch für die Analyse der Covid-Pandemie als nützlich erwiesen hat, und ein neues Konzept der sexuellen Befreiung nach Foucault vorgeschlagen. Darüber hinaus habe ich mit Kolleginnen zur Entwicklung der Menschenrechte für Trans*-Personen geforscht.

Foucault’sche Sozialphilosophie und Freiheit

Meine Forschung in der politischen Theorie und Sozialphilosophie bewegt sich an der Schnittstelle von Poststrukturalismus, Kritischer Theorie und politischem Liberalismus. Die Grundlage für diese in den drei Traditionen verankerten Arbeit habe ich in meiner Dissertation erarbeitet, durch eine Auseinandersetzung mit Foucault. Die Dissertation “Freiheit als Kritik. Sozialphilosophie nach Foucault” (transcript 2018) beschäftigt sich kritisch mit der sozialphilosophischen Debatte über Freiheit, Macht und Subjektivierung in Foucaults Werk. Dort, und in mehreren Artikeln, habe ich einen neuen Ansatz für das Problem der Freiheit bei Foucault entwickelt, den Begriff der Freiheit als Kritik: Freiheit als Fähigkeit zur kritischen Reflexion wird durch Subjektivierungsregime instanziiert, die von politischen Institutionen abhängig sind.

Rechtstheorie

Ich habe zur globale Rechtstheorie geforscht, insbesondere zur kritische Rechtsphilosophie und Menschenrechtsphilosophie und -politik, sowie die Frage von Migration), Grenzen und demokratischer Mitgliedschaft. In diesen Bereichen habe ich unter anderem bei der UNESCO und der Deutschen Gesellschaft der Vereinten Nationen gearbeitet und die Vortrags- und Workshopreihe “Die Auflösung des liberalen Konsenses” zur kritischen Rechtstheorie an der Universität Freiburg organisiert. Auf Basis der Vortragsreihe arbeite gebe ich mit Kolja Möller ein gleichnamiges Themenheft der Zeitschrift für Politische Therie heraus.

Lehre

In der Lehre decke ich meine Forschungsbereiche und die Grundlagen der politischen Theorie und Sozialphilosophie ab. Ich gebe gerne Seminare zu aktuellen gesellschaftlichen Themen und Problemlage, denn für deren Analyse ist das methodische Instrumentarium der politischen Theorie besonders leistungsstark. Einen Überblick über meine vergangene Lehre gibt es hier.



Kurzer Lebenslauf

Akademische Positionen

Humboldt-Universität zu Berlin, Assoziierter Forscher, Lehrbereich Theorie der Politik, seit 12/2022

Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Politikwissenschaft
Professur für Politische Theorie, Philosophie und Ideengeschichte
Geschäftsführender Assistent (wissenschaftlicher Mitarbeiter), 2018 - 2022

Universität Bremen, Bremen International Graduate School of Social Sciences
Post-Doc-Fellow (wissenschaftlicher Mitarbeiter), Bereich A, 2017 - 2018

Universität Duisburg-Essen, Politikwissenschaft, Lehrstuhl für Politische Theorie
Wissenschaftlicher Mitarbeiter, 2015 - 2017

Abschlüsse und Studium

Promotion, Universität Leipzig, Philosophie, 2017
Dissertation: Freiheit als Kritik. Die sozialphilosophische Debatte um Freiheit bei Foucault
Note: summa cum laude
Veröffentlicht bei transcript im Mai 2018
Mitglieder der Kommission: Ulrich Johannes Schneider (Leipzig), Markus Gabriel (Bonn), Martin Saar (Leipzig), u. a.

MA, Universität Leipzig, 2010
Politikwissenschaft, Philosophie, Volkswirtschaftslehre
Note: 1.1

Sciences Po Paris, Master en échange, Paris, 2007/2008

Leibniz Kolleg, Studium generale, Tübingen, 2004/2005

Forschungsstationen und Fellowhips

  • 10/2022 - 07/2023: Fellow am Freiburg Institute for Advanced Studies, Projekt zu Identitätspolitischer Repräsentation und Elite Capture (12/2022 abgebrochen für den Wechsel nach Berlin)
  • 05/2022 – 07/2022: Fellow am Weizenbaum Institute Berlin, Forschungsgruppe Digital Citizenship, assoziiert mit der Forschungsgruppe Democracy and Digitalization
  • 10/2020 – 03/2021: Forschungsaufenthalt im Rahmen der internationalen Forschungsgruppe Global Contestation of Women‘s and Gender Rights, Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF), Bielefeld
  • Seit 10/2018: Assoziierter Forscher am Centre Marc Bloch, Berlin
  • 09/2014 – 05/2015: Visiting Scholar, New School for Social Research Philosophy Department, New York City
  • 09/2013 – 11/2013: Visiting Scholar, Cardozo Law School, New York City

Drittmittel und Stipendien

  • 10/2022 - 07/2023: Fellowship am Freiburg Institute for Advanced Studies
  • 05/2022 – 07/2022: Fellowship am Weizenbaum-Institut Berlin
  • 03/2022: Tagungsförderung durch das Freiburg Institute for Advanced Research, Tagung „Transformations of the Political. Radical Democratic Theory for the 2020s” zusammen mit Lucas von Ramin (Politische Theorie, Dresden), Vincent Gengna-gel (Soziologie, Flensburg), Geog Spoo (Philosophie, Freiburg)
  • 02/2021: Satellite Workshop “Radical Democracy and the Representation of Gender Rights”, zusammen mit Livia de Souza Lima, ZiF Bielefeld
  • 10/2020 – 04/2021: Forschungsmitglied der Forschungsgruppe Global Contestation of Women‘s and Gender Rights, ZiF Bielefeld, sechs Monate Vertretung der Stelle der Heimatuniversität bewilligt
  • 04/2019 – 07/2019: Mittel für die Vortragsreihe „Die Auflösung des liberalen Konsenses. Perspektiven der kritischen Rechtstheorie“ Universität Freiburg
  • 05/2012 – 09/2015: Promotionsstipendium der Studienstiftung des Deutschen Volkes
  • 09/2014 – 08/2015: ERP-Stipendium für Forschungsaufenthalte an Spitzenuniversitäten in den USA der Studienstiftung des Deutschen Volkes, zur Forschung an der New School for Social Research
  • 09/2011 – 02/2012: Carlo-Schmid-Stipendium für Praktika in internationalen Organisationen der Studienstiftung des Deutschen Volkes
  • 08/2007 – 06/2008: Erasmus-Stipendium und Auslandsstipendium der Studienstiftung des Deutschen Volkes (Paris)
  • 2005 – 2010: Stipendium der Studienstiftung des Deutschen Volkes

Mitgliedschaften und Funktionen

  • Mitglied beim Schwules Museum Berlin
  • Mitglied der DVPW-Theoriesektion Gender und Diversity Kommission
  • Gründungsmitglied und Sprecher (bis Herbst ‘21) der DVPW Themengruppe Populismus
  • Assoziierter Forscher am Centre Marc Bloch Berlin
  • Herausgeber und Redaktionsmitglied der Zeitschrift diskurs
  • Gutachtertätigkeit u.a. für: Zeitschrift für praktische Philosophie, Zeitschrift für Politikwissenschaf, Philosophy & Social Criticism, Foucault Studies, Inquiry: An Interdisciplinary Journal of Philosophy, The Journal of Value Inquiry, BioSocieties, Schriftenreihe der DVPW, Leviathan
  • Deutsche Vereinigung für Politikwissenschaft
  • ehem. Vorstandsmitglied Engagierte Wissenschaft e.V.
  • ehem. Redaktionsmitglied der Zeitschrift Powision

Nichtakademische Berufserfahrung

  • UNESCO, Menschenrechtsbildung, Paris, bezahltes Praktikum und Consultancy
  • Deutsche Gesellschaft für die Vereinte Nationen, Berlin, freie Mitarbeit
  • Auswärtiges Amt, Berlin, bezahltes Praktikum


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